Es gibt tatsächlich Menschen, die haben das vergessen und es sind gar nicht so wenige.
Für viele ist es eine „liebgewonnene“ Gewohnheit, sich zu beschweren, andere zu kritisieren und zu tadeln und sich oft zu ärgern. Da stimmt doch was nicht.
Wenn man sie fragt, warum sie so negativ sind, kommt meist die Antwort, da kann ich doch nicht drüber weg sehen. Wenn mich etwas stört, muss ich es rauslassen, ich kann nichts in mich hinein fressen, sonst platze ich.
Wenn man dann weiter fragt, was sie denken, wie sich ihre Umgebung dabei fühlt, dann wird oft gesagt, „schlecht und das ist auch gut so“.
Wenn man dann wissen möchte, wie sie sich selbst – vorher und nachher – fühlen, entsteht oft erstmal eine Pause. Über sich selbst machen sich viele Menschen wenig Gedanken. Sie reagieren spontan, oft gewohnheitsmäßig und selten reflektieren sie ihr Tun. „Ich bin so und kann nicht anders.“
Soviel zur Beschreibung eines weit verbreiteten Phänomens.
Dieses Verhalten beruht auf Gewohnheit. Wie diese Gewohnheit entstanden ist und warum sie beibehalten wurde, weiß man nicht mehr. Es können Vorbilder sein oder man gibt einfach nur weiter, was man selbst gelernt und am eigenen Leib erfahren hat. Erziehung und Aufzucht, nicht nur durch die Eltern, hat Spuren in Form von Prägungen hinterlassen. Man hat beigebracht bekommen, auf Fehler zu achten, weil Fehler falsch sind und korrigiert werden müssen.
Fehlerhaft ist alles, was nicht dem eigenen Weltbild entspricht. Bei diesem Glaubenssatz sind viele hängen geblieben, es wird nie in Frage gestellt, ob er nicht wohlmöglich auch falsch – bzw. unvollständig - ist. Man wähnt sich mit diesem Verhalten auf der „sicheren Seite“, weil sich alle anderen um einen herum, ebenso verhalten. So entsteht ein Massenbewusstsein. Man hat Angst, daraus auszubrechen, man würde auffallen und eventuell ausgegrenzt werden und nicht mehr „dazu“ gehören. Das ist aber eines der wichtigsten Bedürfnisse eines Menschen.
Für dieses Bedürfnis nehmen Menschen sogar persönliches Unwohlsein in Kauf.
Die permanente Suche nach Fehlern reduziert die Wahrnehmung auf „was ist falsch“, man hat die „negative Brille“ aufgesetzt und das bleibt nicht ohne Folgen. Die positiven – natürlich ebenso vorhandenen – Aspekte werden ausgeblendet, sie existieren deshalb nicht, was zwangsläufig das Leben zu einem negativen Erlebnis macht. Depressionen und auch andere „Erkrankungen“ sind in Folge nicht auszuschließen. Krankheit ist der Gegenpol von Wohlgefühl.
Den Blick weiten, neutral beobachten, Perspektiven wechseln, ein größeres Bild der Realität wahrnehmen, offen sein und aufgeschlossen für Neues, sich in andere hinein versetzen, sie annehmen, wie sie sind, Wertschätzung empfinden, Toleranz, Verständnis und Akzeptanz entwickeln, das ist der Weg heraus – wenn man das möchte.
Bleibt noch die oben geäußerte Sorge „sonst würde ich platzen“. Runterschlucken, verdrängen oder ausblenden von unangenehmen Vorgängen, Ereignissen und Verhaltensweisen wäre die gleiche Strategie, nur mit anderem Vorzeichen.
Es gibt Menschen, die wirken auf uns wie der reinste Sonnenschein. Sie sind immer gut aufgelegt, durch nichts zu erschüttern, wirken ausgeglichen und sind allseits beliebt. Wir beneiden sie vielleicht sogar. Dahinter steckt aber manchmal die gleiche Angst, nur in einem anderen Gewand. Es ist die rosarote Brille. Sie wird aufgesetzt, um sich – scheinbar - vor Elend, Leid und Unbill zu schützen. Man weiß, da gibt es noch etwas „Dunkles“ in der Welt, von dem man nichts wissen will, weil es „falsch“ ist. Schönfärberei hilft, meint man. Doch auch dieses Verhalten hat langfristige Folgen. Man lebt in Wolkenkuckucksheim, andere sagen, „auf Wolke 7“. Euphorie wird zur Manie, wenn dieser Zustand anhält.
Es gibt auch Menschen, die abwechselnd manisch und depressiv sind. Sie kennen nur die extremen Blickwinkel, nur schwarz und weiß, keine Zwischentöne. Es fehlt die Erkenntnis oder Einsicht, dass im Leben zwar alles schwingt, dass es aber mehr gibt, als nur die Extreme. Zustände ändern sich, nur wenn man in einem Zustand verharrt – gewollt oder ungewollt – nimmt man nicht mehr am Leben teil.
Ausgeglichene Menschen kennen auch diese wechselnden Zustände, nur sind die Auswirkungen der Ausschläge geringer, weil sie in der Lage sind, nach vorn zu schauen und nicht zu verharren, wissend, nach Regen folgt Sonnenschein und jeder Hitzeperiode folgt eine Abkühlung.
Ein Leben in Wohlgefühl, mit körperlicher, geistiger und psychischer Gesundheit ist also ein Leben „im Fluss“. Dazu gehört, den Wellenbewegungen zu folgen und sich ihnen nicht zu widersetzen. Verlangsamung und Beschleunigung entsprechen dem Lauf des Wassers. Sowohl „Dampf ablassen“ wenn etwas überhitzt ist, Loslassen, was nicht mehr gebraucht wird, als auch ehrliches Wertschätzen und wohlwollendes, konstruktives Unterstützen von allem, was einem begegnet, gehört auch dazu. Wir sind nicht allein unterwegs.
Jeder Weg ist einzigartig und doch gehen wir zusammen und begegnen uns. Jede Begegnung ist ein Austausch, auch ohne Worte. Was wir aussprechen, aber auch unser Verhalten, offenbart meist mehr über uns selbst, als über unser Gegenüber. Jeder entstandene Eindruck findet seinen Ausdruck.
Der achtsame Umgang mit sich selbst, sich nicht zu vergeuden, sondern gut für sich selbst zu sorgen, sich selbst freudig mit allen Stärken und Schwächen anzunehmen, ist die Voraussetzung für alles andere.
Wenn wir andere achtsam wahrnehmen, können wir erkennen, dass jeder ein Geschenk mitbringt. Es kann sein, dass es vor lauter Verpackung nicht gleich zu identifizieren ist. Es lohnt sich, dahinter zu schauen.
Wenn wir uns dann achtsam auch anderen gegenüber verhalten, können wir mit jeder Geste, jedem Lächeln, jeder Zuwendung andere aufbauen und sie so positiv begleiten.
So entsteht Wohlgefühl, das „abstrahlt“. So können wir es uns erhalten und damit unsere Gesundheit. Wohlfühlen ist eine Einstellung. Man kann sie verlieren aber auch immer wiederfinden. Sogenannte Schicksalsschläge werfen uns nicht aus der Bahn, wenn wir das nicht erlauben.
Unser Lebensumfeld ist mehr als nur unsere Mitmenschen. Wenn wir uns bewusst machen, dass jede Landschaft, jede Blume, jeder Stein, jedes Lebewesen, jede Jahreszeit und jeder Moment voller
Schönheit ist, wenn wir diese wahrnehmen wollen, dann haben wir mit jedem Gedanken die Chance unsere Realität zu verändern, durch Veränderung unserer Anschauung.
Wohlgefühl ist auch unter den ungünstigsten Bedingungen immer erreichbar. Es ist immer nur einen Gedanken entfernt. Es ist gut, sich häufig daran zu erinnern. Es besteht die Chance, dass sich Krisen verringern oder zumindest deutlich schwächer ausfallen.
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Helga F. (Donnerstag, 26 März 2020 18:17)
Danke für diesen so weisen Post.Werde mir den letzten Satz auschreiben und auf den Schreibtisch stellen.