Viele Menschen leiden unter der Last ihrer Verantwortung. Das Gefühl von Überforderung ist weit verbreitet. Es macht dabei keinen großen Unterschied, ob wir eine Verantwortung aus freiem Willen übernehmen oder ob wir sie von anderen aufgebürdet bekommen: Mütter fühlen sich verantwortlich für ihre Kinder, Väter für das Wohl der ganzen Familie, Kinder für ihre kleineren Geschwister.
Die Belastung entsteht aus der Furcht zu versagen.
Wenn man Fehler gemacht hat, oder glaubt, sie gemacht zu haben, sind Selbstvorwürfe ("hätte ich doch bloß ..., wäre ich doch nur ...) und Schuldgefühle (das verzeihe ich mir nie ..., das kann ich nie wieder gut machen ...) oft die Folge.
Um sich zu entlasten, sind auch Ausreden und Schuldzuweisungen an die Umstände oder gern auch an andere ein anscheinend probates und häufig zu beobachtendes Mittel. "Ich war's nicht, ich konnte doch nicht, ich wusste doch nicht, du hättest doch auch ... etc."
MICHAEL macht dazu eine Reihe von interessanten Ausführungen:
"Natürlicherweise ist es allen Reifungsprozessen gemeinsam, dass "die Älteren" Verantwortung für "die Jüngeren" haben, soweit es Verständnis, Führsorge, Geduld, Anleitung, Hinweise,
Begleitung, Einfühlung und Akzeptanz betrifft. Die Verantwortung besteht jedoch nie für deren Entscheidungen oder Handlungen, sonst wäre Vertrauen nicht möglich. Gerade aber dieses Vertrauen,
gepaart mit Geduld und Verständnis macht den Unterschied aus zwischen "sich der Entwicklung zu ergeben" und zu resignieren. Resignation ist die Entscheidung, auf jede Verantwortung zu
verzichten.
Im Zusammenleben mit Jüngeren entsteht oft ein innerer Zwiespalt. Einerseits möchte man gern "man selbst" sein und den anderen überlassen, damit umzugehen, andererseits ist man geneigt - um des lieben Friedens willen - sich anzupassen und die damit verbundenen Konsequenzen auf sich zu nehmen. Fakt ist, wie auch immer man sich entscheidet, man ist immer "man selbst", so dass es kein Unterschied ist. Man kann (und muss) in jedem Moment neu entscheiden, wie man selbst agiert oder auch nicht. Das ist Selbstverantwortung. Unentschiedenheit führt zu Leiden, so entsteht Selbstkarma"
In der heutigen Zeit fragen sich viele Menschen, ob und wenn ja, in wie weit, jeder Verantwortung für das Gemeinwohl hat. Die oft angeprangerte Zerstörung der Natur, die Ausbeutung des Planeten, das Zulassen von Armut in der Welt, die Unterdrückung von Minderheiten, die ungleiche Behandlung von Menschenleben und auch von Tieren und Pflanzen, sind Themen, die täglich unsere Nachrichten beherrschen. Ethik und Moral erscheint bei vielen Menschen keinen Stellenwert zu haben und immer mehr Menschen fühlen sich in der Verantwortung, dagegen vozugehen.
MICHAEL: Jede Entscheidung eines Individuums hat einen ähnlichen Effekt, wie ein Stein, der ins Wasser geworfen wird. Sie hat Auswirkungen über das persönliche Umfeld hinaus. Auch Parlamente und andere Entscheidergruppen bestehen aus Individuen. Es erscheint uns so, als ob diese Gruppen ihre Entscheidungen als Ganzes treffen, doch das ist nicht so. Es sind individuelle Entscheidungen von jedem Mitglied dieser Gruppe und jeder trägt daraus sein persönliches Karma oder eben nicht.
Moral ist kein Konstante und entstammt ausschließlich einer Kultur oder einem Zeitgeist. Was gestern "falsch" war, kann heute erträglich und morgen richtig sein.
Die Ethik eines Individuums ist abhängig davon, wie er zu den positiven Polen seiner Persönlichkeit steht. Eindeutig negative Einstellungen sind leicht zu erkennen, es gibt jedoch eine große Grauzone. Jeder sei sich der Verführungskraft der Haupthindernisse bewusst. Viele handeln nach dem Motto: "Der Zweck heiligt die Mittel" Negatives wird in Kauf genommen, aus Angst vor einer noch größeren Katastrophe. Entscheidungen und deren Folgen sind komplex und diese werden manchmal falsch eingeschätzt. Entscheidungen werden deshalb unter Unsicherheit getroffen und das Gefühl, dass man selbst gut dabei wegkommt befriedigt das Ego, ebenso wie Entscheidungen, die "bequem" sind. Dagegen wirken Entscheidungen, die die Herrschaft der Haupthindernisse beschneiden gegen die falsche und für die wahre Persönlichkeit.
Das heißt jedoch nicht, dass gute Entscheidungen immer unbequem und lästig sein müssen. Sie sind es oft aus Sicht der falschen Persönlichkeit, erfordern allerdings zu einem gewissen Grad die Aufmerksamkeit und das wache Bewusstsein eines Fragmentes in Übereinstimmung mit dem Selbst.
Gerade die traditionellen Glaubensbekenntnisse haben ein gutes Stück dazu beigetragen, dass die Haupthindernisse Macht bekommen und dass ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein. Begriffe wie "Sünde", "der Teufel", "das Böse" bestätigen, dass die Haupthindernisse eine negative Wirkweise haben, es wird jedoch übersehen, dass es auch hier einen positiven Pol gibt. Ohne diese Polarität gäbe es kein Spannungsverhältnis zwischen den Polen und damit gäbe es keinen Fortschritt bei der Entwicklung der Seele. Die Haupthindernisse liefern somit selbst die nötige Energie für die Bewegung weg von ihnen.
Aussagen unserer
Schüler wie: Ich kann ja nicht anders, weil das meine Rolle, mein Modus, meine Einstellung oder mein Haupthindernis ist, sind der Versuch, der Selbstverantwortung aus dem Weg zu gehen.
Aber so funktioniert es nicht. Es kann viele Leben brauchen bis alle Lektionen gelernt sind. Keiner von euch wird jedoch das Ende seines Zyklus von Leben erreichen,
ohne dass diese Lektionen in der praktischen Umsetzung den Kern seines Wesens erreicht haben. Jedes Leben bietet dazu eine Chance.
Anerkennung der eigenen Entscheidungen als "eigene", bringt die Waage der
Wahrheit für das Fragment wieder ins Gleichgewicht. Erst dann kann es die Reise in Richtung Agape fortsetzen.
Solange die Ablehnung dieser
fundamentalen Wahrheit innerhalb eines Fragments besteht, existiert Lähmung, Behinderung und Stagnation bezüglich der Weiterentwicklung der Seele.
Je weiter
dieser Planet sich in Richtung Agape entwickelt, desto größer wird das Verständnis, dass Entscheidungen auf Basis von Moral weniger nützlich sind als Verhaltensweisen auf der Basis von
Ethik. Ethik betont in jedem Fall den positiven Pol, Moral betont
in jedem Fall den negativen Pol. Wenn ihr nach Anhaltspunkten sucht, um zwischen Moral und Ethik zu unterscheiden, stellt euch die Frage: Zu welchem Pol tendiert diese Aktion? Die Antwort wird
euch beruhigen.
Wir wissen, daß jedes Fragment nicht immer den positiven Pol und damit ethisches
Handeln wählt. Es ist sogar eher selten. Es sind jedoch alle Entscheidungen gültig und nützlich im Hinblick auf den Lernprozess. Aber für diejenigen, die besorgt über ihre Entscheidungen sind, haben wir hier diese Richtlinien
angeboten."
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